Kreisgruppe Wolfsburg

Klimafest und Artenschutz: BUND veröffentlicht Detailforderungen für Wolfsburger Stadtwald

Foto: K. Weber

Welche Bewirtschaftung des Wolfsburger Stadtwaldes trägt dazu bei, dass er den kommenden Herausforderungen des Klimawandels trotzt und dazu beiträgt, das Artensterben einzudämmen? Wie so etwas funktionieren kann, darüber hatten wir bereits vor einigen Wochen berichtet (siehe auch Artikel "Lübecker (Wald)Modell").

Doch nicht nur in Lübeck, auch in vielen anderen Städten hat man sich auf den Weg gemacht, die Wälder zukunftssicher und artenreich zu entwickeln bzw. sich entwickeln zu lassen. Für den Wolfsburger Stadtwald fordert der BUND eine ähnliche Strategie und veröffentlicht nun unter Hinzuziehung von erfahrenen Forstexperten die konkreten Grundsätze für den sogenannten "Wolfsburger Weg".

Die Anforderungen an den "Wolfsburger Weg" im Detail:

  • Der Aufbau des Holzvolumens auf 600 Kubikmeter pro Hektar in den kommenden 40 Jahren ist waldbauliches, waldökologisches und klimapolitisches Kohlenstoff-Senkungsziel. Es bestimmt die Holznutzungsgrenze.
     
  • 15 % der Stadtwaldfläche werden in möglichst guter Verteilung aus der Holznutzung genommen. Diese potenziellen Naturwälder werden auf Vorschlag der Stadtforst im Einvernehmen mit dem Umweltamt der Stadt Wolfsburg unter Beteiligung der Naturschutzverbände ausgewählt. Gesetzlich geschützte Biotope wie Moore, Quellen, Bruchwälder etc. werden auf diesen Flächenanteil angerechnet.
     
  • Vorrang hat die natürliche Verjüngung standortheimischer Laubbaumarten.  Ergänzungspflanzungen erfolgen nicht vor Ablauf einer zehnjährigen Eigenentwicklung, mit Ausnahme der Eichenverjüngung.
     
  • Nach flächigen Kalamitäten verbleibt stehendes und liegendes Starktotholz auf der Fläche. Eine Pflanzung erfolgt in der Regel frühestens nach zehnjähriger Eigenentwicklung, soweit erforderlich.
     
  • Die Sukzession einander ablösender Pflanzen- und Waldgesellschaften als Folge natürlicher Störungen wird zugelassen.
     
  • Uraltbäume und markante Habitatbäume sind eine Besonderheit des Wolfsburger Stadtwaldes. Laubbäume über 120 Jahre außerhalb von Beständen gleicher Altersklasse ebenso wie Habitatbäume nach den Kriterien des NLWKN sind zu kartieren. Habitatbäume sind grundsätzlich zu erhalten, es sei denn, die Verkehrssicherung hat nach Einzelfallentscheidung Vorrang.
     
  • Ein Volumen von 40 m³ stehendem und liegendem Totholz pro Hektar mit hohem Starkholzanteil, bezogen auf die Gesamtwaldfläche, ist aufzubauen und dauerhaft zu erhalten.
     
  • Eine Ganzbaumnutzung erfolgt nicht. Das Kronenholz verbleibt im Wald.
     
  • Pflanzungen erfolgen mit der Hand.
     
  • Eichenpflanzungen erfolgen auf Flächen in Loch-Größe von 0,1 - 0,2 ha.
     
  • Eine kostenintensive Jungwuchspflege ist auf Ausnahmen zu beschränken.
     
  • Pflanzung oder Saat erfolgt ausschließlich von standortheimischen Baum- und Straucharten. In begründeten Fällen (z. B. Versuchsflächen, Sonderstandorte) können auch nichtstandortheimische europäische Baumarten gepflanzt werden. Ausgeschlossen sind Anpflanzungen von Baumarten, die nicht aus Europa stammen.
     
  • Neue Rückegassen sind im Abstand von 60 m anzulegen. Das vorhandene Rückegassensystem ist durch Auflassung bestehender Rückegassen auf einen Abstand von 60 m anzupassen.
     
  • Das Befahren des Waldbodens mit Großmaschinen (z.B. zur Kulturvorbereitung) unterbleibt.
     
  • Die Nutzung von Erntebäumen erfolgt einzelstamm-, trupp- oder gruppenweise. Kahlschläge über einer Größe von 0,2 ha sind unzulässig. Pflegeeingriffe in Beständen unter 40 Jahren erfolgen nicht.
     
  • In Beständen unter 80 Jahren sind Maßnahmen (Pflege, Nutzung) auf drei Eingriffe zu beschränken.
     
  • Der Ernte-Zieldurchmesser für Eiche beträgt 80 cm mit Rinde als Brusthöhendurchmesser (BHD).
     
  • Die Rückegasse ist Teil des Waldbodens. Holzeinschlag und Holzvorlieferung auf den Rückegassen erfolgen nur in Zeiten, in denen der Boden durch Trockenheit oder Frost keinen schädlichen Folgewirkungen durch mechanische Verformung unterliegt.
     
  • Ein Befahren des Waldbodens außerhalb der Rückegassen mit Schwermaschinen z.B. zur Kulturvorbereitung unterbleibt.
     
  • Kalkung und Pestizideinsatz inklusive Polderspritzung und Anwendung von Gentechnik erfolgen nicht.
     
  • Ein Konzept für die Wasserrückhaltung im gesamten Stadtwald wird möglichst zeitnah umgesetzt.
     
  • Es gilt der Grundsatz „Wald vor Wild“. Der Schalenwildbestand darf nur so hoch sein, dass ein Jungwaldaufwuchs ohne Schutzzaun möglich ist, mit Ausnahme der Eichenverjüngung, für die ein Schutzzaun notwendig ist. Bei der Jagd ist nur bleifreie Munition zu verwenden.

Grundsätzliche Abweichungsregelung:

Die Entwicklung naturnaher Wälder erfolgt über lange Zeiträume, bis sie den Zielen
weitgehend entsprechen. Neue Erkenntnisse aus Wissenschaft und Praxis können zu
abweichenden Entscheidungen führen, sofern sie dem Waldentwicklungsziel nicht
entgegenlaufen und im Einzelfall begründet werden.